KI-Suche lässt die Mittelständler verschwinden

Beitrag von Jonas Paul Klatt

Geschäftsführer der Klatt GmbH

08. Dezember 2025

Warum Googles neue KI-Suche ganze Branchen unsichtbar machen könnte und wie Unternehmen jetzt gegensteuern.

Googles neuer KI-Modus verändert das Internet grundlegend. Die Suchmaschine zeigt künftig keine klassischen Trefferlisten mehr, sondern erstellt eigene Antworten – generiert von künstlicher Intelligenz und gestützt auf Quellen, denen sie vertraut. Bewertungen, Presseberichte, Social-Media-Aktivitäten und Markenreputation entscheiden, ob ein Unternehmen in diesen Antworten auftaucht – oder vollständig verschwindet.

Für viele Mittelständler ist das eine stille, aber weitreichende Gefahr: Ihre jahrzehntelang aufgebaute Marktstellung findet in der digitalen Welt nicht statt, weil sie online kaum Spuren hinterlassen.

 

Ein Systemwechsel in der digitalen Sichtbarkeit

Mit der Search Generative Experience (SGE) testet Google derzeit eine neue Art der Suche: Statt einer Liste mit Links erhält der Nutzer künftig eine zusammengefasste KI-Antwort. Dabei wird nicht mehr auf Keywords oder Backlinks geachtet, sondern auf digitale Vertrauenssignale.

Das Prinzip ähnelt dem, was auch Systeme wie ChatGPT, Perplexity oder Microsoft Copilot bereits praktizieren. Sie greifen auf öffentlich zugängliche Daten zurück und bewerten diese algorithmisch. Nur wer glaubwürdig, relevant und gut dokumentiert ist, erscheint im digitalen Antworttext.

Was wir erleben, ist, als würde Google neu erfunden – nur intelligenter. Die KI fragt nicht mehr: „Wer hat das Keyword?“ Sondern: „Wem kann ich glauben?“ Diese Verschiebung bedeutet: Klassisches SEO verliert seine Wirkung. Die neue Disziplin heißt GEO oder GAIO – Generative Engine Optimization. Es geht nicht mehr darum, gefunden zu werden, sondern empfohlen zu werden.

 

Warum besonders der Mittelstand betroffen ist

Familienunternehmen und Mittelständler genießen im realen Leben ein enormes Vertrauen. Sie leben von regionaler Präsenz, langjährigen Beziehungen und Qualität aus Erfahrung. Doch diese Stärke ist oft nicht digital belegt.

Viele Betriebe haben keine aktuellen Bewertungen, keine Presseerwähnungen, keine aussagekräftigen Fallbeispiele oder Social-Media-Aktivität. Für Suchsysteme existiert damit kein Beweis, dass diese Unternehmen tatsächlich relevant oder vertrauenswürdig sind.

Die Folge: Wenn eine KI gefragt wird – „Welches Maschinenbauunternehmen in Süddeutschland ist innovativ?“ oder „Wer bietet verlässliche IT-Dienstleistungen im Mittelstand?“ – erscheinen nur die Firmen, über die im Netz ausreichend positive Signale zu finden sind.

„Viele Mittelständler werden durch KI-Suchen unsichtbar“, warnt Klatt. „Nicht, weil sie schlechter sind, sondern weil sie ihre Reputation nicht digital dokumentieren.“

 

Vom Keyword zur Glaubwürdigkeit

Suchmaschinen haben jahrzehntelang nach technischen Kriterien bewertet: Keyword-Dichte, Backlinks, Meta-Tags. Heute zählt etwas anderes: digitale Glaubwürdigkeit.

Reputation wird zur zentralen Währung, die über Sichtbarkeit entscheidet.
Google und andere Systeme orientieren sich am sogenannten E-E-A-T-Prinzip – Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness.
Es reicht nicht mehr, gute Inhalte zu veröffentlichen. Sie müssen belegbar, aktuell und vertrauenswürdig sein.

 

Das gelingt durch:

  • Erfahrungsnachweise: Projektreferenzen, Zertifikate, Kundenstimmen.
  • Fachkompetenz: Veröffentlichungen, Interviews, Fachbeiträge.
  • Autorität: Erwähnungen in seriösen Medien, Kooperationen oder Verbänden.
  • Vertrauen: Konsistente Unternehmensdaten, transparente Kommunikation und nachvollziehbare Bewertungen.

Fehlt eine dieser Säulen, verliert ein Unternehmen an digitalem Gewicht und damit an Sichtbarkeit in den neuen KI-Antwortsystemen.

 

Wie Unternehmen jetzt handeln sollten

Reputation ist kein Marketing-Add-on mehr, sondern ein Überlebensfaktor.
Die gute Nachricht: Mittelständler können mit überschaubarem Aufwand wirksame Schritte setzen.

  1. Digitale Bestandsaufnahme:
    Prüfen Sie, was über Ihr Unternehmen online sichtbar ist – Bewertungen, Erwähnungen, Presseberichte, Partnerseiten, Social-Media-Profile.
  2. Bewertungsmanagement:
    Aktiv neue, authentische Kundenbewertungen einholen – regelmäßig und überprüfbar.
  3. Presse- und Fachsichtbarkeit:
    Regionale und branchenbezogene Fachmedien gezielt ansprechen, um Fachartikel, Interviews oder Projektbeispiele zu platzieren.
  4. Strukturierte Daten und Profile:
    Unternehmensdaten auf allen Plattformen konsistent halten und Website technisch lesbar machen (z. B. Schema.org-Daten).
  5. Langfristige Reputationsstrategie:
    Führungspersönlichkeiten digital sichtbar machen – etwa durch LinkedIn-Beiträge, Expertenkommentare oder Vorträge, die dokumentiert werden.

Reputation entsteht nicht über Nacht. Sie wächst über Zeit, über Belege und Wiedererkennbarkeit.

 

Vertrauen als neuer Wettbewerbsfaktor

Die digitale Vertrauensbasis wird künftig darüber entscheiden, ob ein Unternehmen im Markt überhaupt wahrgenommen wird. Reputation ist kein Marketinginstrument mehr. Sie ist der neue Überlebensfaktor. Wer sie jetzt aktiv aufbaut, gewinnt. Wer abwartet, wird vom Algorithmus vergessen.

Der Wandel ist unausweichlich – aber auch eine Chance. Familienunternehmen, die ihre Werte und Qualität schon immer glaubwürdig gelebt haben, müssen sie nur sichtbar machen. In der neuen Suchwelt zählt nicht, wer am lautesten wirbt, sondern wer am glaubwürdigsten belegt, was er kann.

 

 

 

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