KI könnte die Zahl der Programmierer erhöhen

Beitrag von Dr. Dietmar Müller

Chefredakteur Beyond Buzzwords

15. Dezember 2025

In unserer Reihe mit Interviews zur Zukunft des Programmierens gibt heute Mike Cannon-Brookes, CEO des Software-Entwicklungsunternehmens Atlassian, ein überraschendes Statement ab.


Im Oktober hat Beyond Buzzwords die Frage umgetrieben, ob Programmieren noch eine Zukunft hat. Und wenn ja: In welcher Form? Die künstliche Intelligenz übernimmt bekanntlich heute schon viele Codierungsschritte. Nun hat sich zum Thema auch Mike Cannon-Brookes, CEO des Spezialisten für Softwareentwicklung Atlassian, zu Wort gemeldet. Er blickt optimistisch auf das neue Jahr und meint, dass die KI die Zahl der offenen Stellen für Programmierer sogar erhöhen wird:

„In fünf Jahren werden deutlich mehr Softwareentwickler für unser Unternehmen arbeiten als heute. Wir werden viel mehr Produkte entwickeln und gleichzeitig effizienter arbeiten – und dennoch wird KI mehr neue Arbeitsplätze schaffen, als sie ersetzt“, zeigte sich Cannon-Brookes überzeugt. „Unternehmen werden viel breiter aufgestellt sein und Teams werden aus mehr Generalisten bestehen. Dadurch werden Mitarbeitende ihre Arbeit als deutlich erfüllender wahrnehmen.“ Cannon-Brookes gibt auch gleich ein Beispiel: „Angestellte in der Finanzabteilung, die früher versucht hätten, ein Problem mit Excel zu lösen oder ein Ticket bei der IT einzureichen, werden künftig in der Lage sein, eine Anwendung selbst zu programmieren, um ihr individuelles Problem zu lösen. Teams werden selbstständiger sein und ihre Fähigkeiten vielseitiger.“

Die Rolle der KI wird umfänglicher

Ihm zur Seite springt Rajeev Rajan, CTO bei Atlassian, und ergänzt diese Ansicht mit einer mutigen Prognose für die Softwareentwicklungsbranche: „Die Rolle von KI in der Softwareentwicklung wird zukünftig weit darüber hinaus gehen, nur schneller Code zu schreiben. Schon heute macht das Schreiben von Code nur einen kleinen Teil der Arbeit von Entwicklern aus.“

Schon bald werden seiner Meinung nach alle Entwickler innerhalb eines KI-nativen Softwareentwicklungsprozess arbeiten. „Wir gehen davon aus, dass jeder Programmierer bei jedem Arbeitsschritt einen KI-Agenten hat, der ihn unterstützt – von der Planung und dem Design über das tatsächliche Programmieren hin bis zum Incident Management und darüber hinaus.“

Dank dieses Wandels würden Entwickler bald in der Lage sein, kreativer, effizienter und selbstständiger zu arbeiten. Bereits heute mache sich dieser Effekt bemerkbar: „Bei Atlassian half KI unseren Entwicklern kürzlich, einen Incident innerhalb von nur 14 Minuten zu lösen. Ein derartiges Maß an KI-gestützter Produktivität und Problemlösung wird schon bald branchenweit zur Norm gehören.“

Strategien für den KI-Einsatz anpassen

Für beide Manager spielt die KI als eine immer wichtigere Rolle für den Unternehmenserfolg –Organisationen müssten ihre Strategien für den KI-Einsatz anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn die Änderungen durch KI fänden nicht nur auf der technologischen Ebene statt. Sie stellten einen tiefgreifenden Wandel für Unternehmen dar, bei dem auch Kompetenzen neu definiert würden.

KI werde künftig nicht nur Aufgaben automatisieren, sondern auch Innovation und Kreativität fördern. Konkret werde sie dabei helfen, die Abhängigkeit von Silostrukturen zu verringern, da auch nicht-technische Fachkräfte eigene Lösungen entwickeln können. Zudem könne sie komplexe Probleme schneller lösen, „wie das Beispiel Atlassian zeigt, wo Vorfälle dank KI in nur wenigen Minuten behoben werden“, so Rajan. Und schließlich präge sie Rollen und Karrierewege neu, da vielseitigere Profile gefördert und Aufgaben interessanter gestaltet werden.

 

 

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