„Informatik bleibt wichtig“

Beitrag von Dr. Dietmar Müller

Chefredakteur Beyond Buzzwords

01. Oktober 2025

Interview mit Professor Franz Nees, Dekan der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Karlsruhe zur Zukunft der Informatik. Kann man Studierenden heute noch empfehlen, Programmieren zu lernen?

„Developer“ war noch bis vor kurzem der heißeste Scheiß auf dem Personalmarkt – die jungen Leute mit Bart und Dutt wurden gesucht wie kaum eine andere Berufsgruppe. Sie galten als „hip“ und konnten sich den Arbeitsplatz aussuchen. Dann kam die AI. Heute traut sich noch nicht einmal Anna Kopp, CIO von Microsoft Deutschland, im Gespräch mit Beyond Buzzwords dem Nachwuchs nahezulegen, die eine oder andere Programmiersprache zu lernen. Die Zukunftsaussichten sind viel zu unübersichtlich, klar scheint nur, dass die AI sowohl Java als auch Python oder HTML (oder sonst eine Sprache) schneller generiert, als das ein Mensch je könnte.

Wie also wird die Informatik in Zukunft aussehen? Professor Franz Nees ist Wirtschaftsinformatiker an der Hochschule Karlsruhe und seit bald zehn Jahren Dekan der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik. Wen könnte man besser zur Zukunft des Programmierens befragen als ihn?

Zunächst wollten wir von Beyond Buzzwords von ihm wissen, wie die Tätigkeit eines Informatikers oder einer Informatikerin in einem Unternehmen seiner Meinung nach in fünf oder zehn Jahren aussehen wird.

Nees: Ich erwarte nicht, dass es zu einer grundlegenden Veränderung kommen wird. Technologische Innovationen haben das Berufsbild immer wieder beeinflusst und so wird es mit AI auch sein. Die öffentliche Wahrnehmung von AI wird ja stark durch die generative AI und Large Language Models geprägt. Dies ist jedoch nur ein Teil des Themas. Andere AI-Bereiche haben auch schon vor Chat GPT große Fortschritte erzielt, ohne dass sie diese große mediale Aufmerksamkeit bekommen hätten. Der wichtigste Impact auf das Berufsbild ist sicherlich, dass in fünf bis zehn Jahren niemand mehr ohne AI-Kenntnisse auskommen wird. Es ist also eine zusätzliche Kompetenz, die Hochschule vermitteln müssen. Gleichzeitig hat generative AI große Auswirkungen auf die akademische Ausbildung selbst, weil Lehrformate wie Seminare mit Hausarbeiten oder auch Abschlussthesen in Zukunft nicht mehr so eingesetzt werden können, wie das bislang der Fall war. Der Aufruhr an den Lehrstühlen hat vielleicht sogar mehr damit zu tun, als mit den inhaltlichen Auswirkungen auf die zu vermittelnden Kompetenzen.


Professor Nees, welche Entwicklung wird „No/Low-Code“ nehmen?

Nees: Das Thema ist ja schon älter als AI und wird durch AI vermutlich noch an Bedeutung gewinnen. Softwareentwicklung geht schon seit Jahrzehnten in die Richtung, Routinen zu generieren, anstatt sie zu programmieren.


Kann man Studierenden heute noch guten Gewissens empfehlen, Programmieren zu lernen?

Ja auf jeden Fall. Es geht ja nicht darum, später im Beruf zu Programmieren. Das war schon immer nur ein Teil der Informatiker:innen, die das dann beruflich getan haben. Aber wissen, wie es geht, müssen alle, auch in Zukunft. Möglicherweise werden zukünftig weniger Informatikerinnen und Informatiker im Beruf selbst programmieren. Aber sie müssen es zwingend verstehen.

 

 

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