Mit dem Omnibus aus der Berichtspflicht

Beitrag von Dr. Dietmar Müller

Chefredakteur Beyond Buzzwords

22. Mai 2025

Gerade standen praktisch alle Unternehmen in der Pflicht, ihre Nachhaltigkeit zu dokumentieren. Ein neuer, VSME genannter Standard erleichtert vielen Mittelständlern nun aber signifikant das Leben. Mirjam Blum von ENIT erläuterte die wesentlichen Punkte.

Die Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit ist vielen kleinen und mittleren Unternehmen ein Graus – zu viel Bürokratie, viel zu wenig Produktives. Aber es hilft ja nichts, die EU- Kommission hatte im Rahmen des EU Green Deals ein Richtlinienpacket (ESG) beschlossen, in denen Nachhaltigkeitsaspekte in Bezug auf Umwelt und Soziales zur Berichtspflicht wurden. In die Pflicht genommen wurden sowohl Unternehmen als auch dessen Zulieferer und KMUs, sich mit Nachhaltigkeit und CO2-Management auseinanderzusetzen.

 

Ein Stöhnen ging durch die Industrie - im ESG enthalten ist nämlich die CSRD, die festlegt WAS berichtet wird, sowie die ESRS die Standards festlegt WIE berichtet werden muss. Grundsätzlich kam die Botschaft beim Mittelstand auch an, aber wie Mirjam Blum, Team-Lead, ENIT Product Markting und Product Management, beobachtete, waren die Vorschriften allerdings nur mit sehr hohem Aufwand zu bewältigen und haben die KMUs überfordert. Diese verfügen nämlich nicht über personellen Ressourcen, die dies Mal eben machen könnten.

Der Aufwand wäre ja auch gigantisch gewesen: Um alle Informationen und Daten zusammen zu haben, hätten alle Anwender mit wenigstens 500 Mitarbeitern umgehend die nötige Infrastruktur und Datenquellen erstellen müssen. Empfohlen dafür wurde der Aufbau eines eigenen Teams dafür, auch die Hilfe von Partnern für Energie- und CO2-Management wurde angeraten. Der Report einiger der 12 Standards, die in der ESRS formuliert sind, wie zum Beispiel die ESRS-E1 zum Thema Klima, waren nämlich verpflichtend. Andere galten als lässlich – um herauszufinden, was ein Unternehmen nun tatsächlich berichten muss, wäre eine „Wesentlichkeitsanalyse“ zu erstellen gewesen, die es extern zu prüfen galt. Der Mittelstand klagte berechtigterweise über immer mehr damit einhergehende Bürokratie, Blum würde sogar von einem „Bürokratiemonster“ sprechen.

 

VSME sorgt für Aufatmen im Mittelstand

Diese soll in diesem Jahr noch mittels eines Ende Februar vorgestellten, ergänzenden „Clean Industrial Deals“ inklusive seines „Omnibus“-Gesetzespaket wieder eingedämmt werden. Ein neuer, von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) vorgeschlagener VSME genannter Standard (Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs,) ist ein wichtiger Teil davon. Er soll alle unterschiedlichen Berichtspflichten vereinheitlichen und für KMU freiwillig (!) machen. Zudem fallen viele Regelungen weg oder betreffen nun nur mehr 20 Prozent aller Unternehmen, nämlich die mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Diese müssen ihrer Berichtspflicht nun auch erst ab 2027 nachkommen.

Trotzdem geht die EFRAG davon aus, dass sehr viele Unternehmen den freiwilligen VSME-Standard erfüllen werden, denn Nachhaltigkeitszertifikate würden künftig eine immer wichtigere und wettbewerbspolitisch entscheidende Komponente darstellen. "Der VSME-Standard ist das richtige Instrument, um Handwerksbetriebe und KMU gezielt und nachhaltig von indirekten Berichterstattungspflichten zu entlasten“, befindet etwa Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. „KMU ohne Kapitalmarktorientierung wurden zwar vom Anwendungsbereich der CSRD-Richtlinie ausgenommen. Allerdings benötigen berichtspflichtige Unternehmen umfangreiche Informationen zur Wertschöpfungskette, die sie bei ihren Zulieferern mit Fragebögen einholen. Können diese die Anfrage nicht erfüllen, drohen sie Aufträge zu verlieren.“

Blum kann das nur bestätigen. „KMUs müssen aus regulatorischer Sicht zwar nicht selbst berichten, werden aber indirekt über ihre Kundenanforderungen – aka Markt - dazu gedrängt.“

 

VSME präsentiert sich weitgehend formlos

Der VSME-Standard muss jährlich angewendet werden, es gibt aber keine verpflichtende Formvorgabe, kein maschinenlesbares Format und auch kein verpflichtendes Audit – und damit auch keine Auditkosten. Damit bietet der VSME Unternehmen eine pragmatische Möglichkeit, Nachhaltigkeit für Stakeholdern messbar zu machen.

Inhaltlich konzentriert sich der Standard auf eine überschaubare Zahl an quantitativen Datenpunkten. Der Fokus liegt auf den Umweltaspekten, insbesondere auf der CO2-Bilanzierung, sowie auf einem einfachen Transformationskonzept mit Klimazielen und Maßnahmen. Zusätzlich ist eine Klimarisikoanalyse vorgesehen. Wie bei der CSRD berücksichtigt der VSME auch soziale und Governance-Themen – allerdings in deutlich reduziertem Umfang.

„Der größte Unterschied zu den ESRS ist“, erläutert Blum: „Der VSME bleibt deutlich schlanker, verständlicher und anwendungsfreundlicher.“

 

Hilfe durch ENIT

Blums Arbeitgeber, der Umweltspezialist ENIT, hat eine Übersichtsseite zu ESG, VSME und dem Omnibus-Gesetzentwurf zusammengestellt. Auch gibt es einen Muster-VSME-Bericht z.B. als Gated Content und auch ein Video sowie ein Webinar. Mit den Produkten von ENIT kommen auch Anwender, die noch unter die Berichtspflicht nach ESG fallen, an alle relevanten Zahlen, die Sie brauchen, um die ESRS-E1 (und weitere) zu erfüllen.

„Unsere Empfehlung lautet: Auch wenn der VSME aktuell freiwillig ist, sollten Unternehmen ihn frühzeitig nutzen. Denn: EU-Klimaziele sind verbindlich, auch die Regulatorik kann sich jederzeit wieder ändern“, erläutert Mirjam Blum. „Große Kunden und Investoren fordern Transparenz. ESG-Daten entscheiden zunehmend über Zugang zu Kapital und Märkten. Daraus folgt: Wer heute beginnt, ist morgen besser aufgestellt.“

 

 

 

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