Studie: CO2-Management mit Unternehmenssoftware

Beitrag von Redaktion

09. Januar 2025

ERP-Systeme als Herzstück effizienter Emissions-Bilanzierung

Das Thema Nachhaltigkeit wird die Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten verändern. Insbesondere die gesetzlichen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Organisationen nehmen stetig zu und werden zukünftig auch mittelständische Unternehmen verstärkt in die Pflicht nehmen. Eine Studie des CIBA in Zusammenarbeit mit dem FIR an der RWTH Aachen zeigt nun: in Business-Software stecken mehr Informationen zur CO2-Bilanzierung als gedacht.

Dabei ist nicht nur die Industrie, sondern die gesamte Wirtschaft heute und in der Zukunft stärker denn je gefordert, ihren Fokus nicht mehr nur auf die eigene Wirtschaftlichkeit, sondern eben auch auf eine ökologische Nachhaltigkeit ihres Handelns zu richten. Nicht nur aus moralisch-ethischen Beweggründen, sondern um allen geltenden Regularien zu entsprechen und infolgedessen auch in Zukunft konkurrenzfähig bleiben zu können. Weitet die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – ein Entwurf der EU-Kommission – die Berichtspflicht von Unternehmen doch in Form eines ESG (Environmental, Social and Corporate Governance)-Reportings weiter aus und fordert zusätzlich eine größere Transparenz und Vergleichbarkeit sowie digitale Dokumentation.

Die große Herausforderung: CO2-Emissionen reduzieren und transparent dokumentieren

Unternehmen stehen heute in der Verantwortung, ihren konventionellen Energieverbrauch, die Co2-Emission pro Wertschöpfungseinheit, den eigenen Ressourcen-Footprint sowie den Anteil an degradierten Flächen zu reduzieren – und all dies auch noch umfassend und nachvollziehbar zu dokumentieren. Eine ganze Palette an Herausforderungen, die ohne geeignete Technologien und eine konsequente digitale Strategie nur schwerlich zu meistern sind und Unternehmen jeglicher Größe betreffen können. Stehen doch längst nicht nur Konzerne in der Verantwortung, sondern gemäß der CSRD bereits Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, 40 Millionen Euro Umsatz oder einer Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro ab dem Geschäftsjahr 2024. Und selbst Firmen, die sich noch unter den Schwellenwerten der Gesetzgebung bewegen, kann es passieren, dass Kundinnen oder Geschäftspartner innerhalb der Lieferkette Kenntnis über die entsprechenden Werte und ein Strategiekonzept zur Erreichung einer Klimaneutralität verlangen. Doch welche Art von Software ist für Unternehmen am besten geeignet, um bei der Erfüllung aller an sie gestellten Anforderungen zu unterstützen?

Um ihrer ESG-Berichtspflicht nachzukommen und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, müssen Unternehmen in der Lage sein, alle anfallenden Daten digital zu erfassen und diese intelligent verarbeiten zu können. Jedoch sind ökologisch orientierte Funktionalitäten noch immer stark fragmentiert und nicht ausreichend in bestehende IT-Systemlandschaften integriert. Das erschwert häufig ein ganzheitliches, digitales Nachhaltigkeitsmanagement. Doch welche Daten zur Bilanzierung benötigen Unternehmen eigentlich und welche dieser Informationen können Business-Anwendungen bereits liefern? Diesen Fragen ging eine Studie des CIBA in Zusammenarbeit mit dem FIR an der RWTH Aachen im Auftrag des ERP+ Experten Proalpha nach.

Methodologie

 

Für die Studie „CO2-Management mit Business Software“ wurden wissenschaftliche Methoden mit praxisnahen Expertengesprächen kombiniert. In drei Schritten identifizierten die Verantwortlichen führende CO2-Management-Anbieter und deren Vorgehensweise, leiteten aus den bestehenden Standards zur CO2-Bilanzierung die benötigten Daten ab und arbeiteten Zusammenhänge und Handlungsmaßnahmen zur Emissionsreduktion heraus. Der technologische Fokus lag hierbei auf ERP (Enterprise Resource Planning)-Systemen unter Mitberücksichtigung von MES (Manufacturing Execution System), TMS (Transport Management System) und CRM (Customer Relationship Management) als Rückgrat betrieblicher Geschäftsprozesse. Um zu eruieren, welche zentralen Datenelemente für die Bilanzierung von CO2-Emissionen erforderlich sind, kam als Bezugsrahmen das GHG (Greenhouse Gas)-Protokoll zur Anwendung, auf Basis dessen über 330 relevante Informationen identifiziert wurden. Das GHG erfasst alle Arten von Treibhausgasen, indem Methan, Lachgas und weitere in CO2-Äquivalente umgerechnet werden. Neben dem direkten Schadstoffausstoß im Unternehmen (Scope 1) werden auch vorgelagerte Aktivitäten wie der bezogene Strom (Scope 2) und indirekte Emissionen durch vor- und nachgelagerte Aktivitäten aller Art (Scope 3) gemessen. Da dazu auch sämtliche eingekauften Güter und Dienstleistungen zählen, üben große Unternehmen etwa bei Vorprodukten Druck auf ihre Zulieferer aus, weil hierin der größte Hebel zur Reduktion von CO2-Belastungen steckt.

Zentrale Ergebnisse der „CO2-Management mit Business Software“-Studie

Marktanalyse von CO2-Management-Softwarelösungen

Im Rahmen der Studie wurden 20 verschiedene CO2-Management-Systeme analysiert und bewertet. Obwohl bei nahezu allen Technologien ein automatisierter Datenimport in Aussicht gestellt wurde, zeigte sich, dass die dazu erforderlichen Schnittstellen erst entwickelt werden müssen und sich deshalb der Umfang erhebbarer Emissionen noch als sehr gering erwies. Die Oberflächen der Lösungen sind meist anwenderfreundlich gestaltet mit Visualisierungen, Analysen und Reportings sowie konkreten Vorschlägen zur CO2-Reduktion. Sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich Komfort, Technologie und des zugrunde liegenden Expertenwissens. In Summe bietet die Mehrheit der Tools zur CO2-Messung ein „Full-Range“-Leistungsspektrum an.

ERP-Systeme bieten die höchste Datenverfügbarkeit aller Business Software-Lösungen

Wie die Studie ergab, übertrifft das ERP-System hinsichtlich Datenverfügbarkeit alle anderen Arten von Business Software, da es in der Lage ist, die gesamten Auftragsabwicklungs- und Beschaffungsprozesse sowie die Produktion vollständig abzubilden. Von den insgesamt 339 für das GHG-Protokoll als notwendig identifizierten Informationen stellt es 141 bereit – dies entspricht einer Quote von 42 Prozent. Mit knapp einem Viertel (78 Informationen oder 23 Prozent) erweist sich auch das MES (Manufacturing Execution System) als wichtige Informationsquelle. Supplier- und Customer-Relationship-Management-Systeme (xRM) steuern mit 74 Informationen (22 Prozent) rund ein Fünftel bei, während das Transportmanagement und die Maschinen- und Betriebsdatenerfassung jeweils fünf Prozent der Informationen (16) auf sich vereinen. Kombinieren Unternehmen das ERP-System mit einem MES und einer Maschinen- und Betriebsdatenerfassung, haben sie bereits heute Zugriff auf etwa 70 Prozent der für das GHG-Protokoll erforderlichen Informationen. Scope-1-Daten können fast vollständig erhoben werden, da die meisten relevanten Informationen bereits im ERP- und MES-System hinterlegt sind. Allerdings benötigen Unternehmen zur Bilanzierung von Emissionen aus der Verarbeitung und von flüchtigen Emissionen zusätzliche IT-Systeme.

Abbildung 1: ERP-Systeme beinhalten die meisten Informationen für ein GHG-Protokoll

ERP-Daten aus dem Rechnungswesen – ideal zur Scope-2-Bilanzierung

Durch ERP-Daten aus dem Rechnungswesen lassen sich auch Scope-2-Daten gut bilanzieren. In ihrer betriebswirtschaftlichen Software können sich Unternehmen ebenfalls über gekaufte Produkte sowie Transporte (Scope 3) informieren. Um vollständig zu bilanzieren, fehlen jedoch Emissionsfaktoren, mit denen die CO2-Belastung, die eine bestimmte Aktivität verursacht, errechnet werden kann. An dieser Stelle wäre auch die Politik gefragt. Sie könnte Unternehmen durch einen einfacheren Zugang zu Daten wie Emissionsfaktoren zur einfacheren Nachhaltigkeitsberichterstattung aktiv unterstützen, anstatt lediglich Berichte zu fordern. Hierfür wären die derzeit gestarteten Wirtschaftsinitiativen Manufacturing-X oder Catena-X zum Aufbau föderativer Datenräume geeignete Instrumente.

Scope-3-Informationsverfügbarkeit bietet höchstes Potenzial zur Emissionsreduzierung

Mithilfe eines ERP-Systems lassen sich bereits jetzt eine Reihe von Stellschrauben innerhalb der Anwendungssysteme identifizieren, über die Unternehmen ihre Emissionen effektiv reduzieren können. Dabei stechen die Scope-3-Emissionen mit branchenübergreifend 74 Prozent und im Maschinenbau sogar 89 Prozent besonders heraus. In Vertrieb und Service, Einkauf, Materialwirtschaft und Produktion lässt sich der Ausstoß von Treibhausgasen signifikant reduzieren. Dabei können die Unternehmen anhand von Kennzahlen im System ausmachen, wo ihre individuell höchsten Einsparpotenziale liegen. Marktführende ERP-Systeme verfügen bereits über Funktionen in ihren Kernmodulen, mit denen CO2-Emissionen auf verschiedenste Weise gesenkt werden können. Doch häufig werden diese nicht oder nicht ausreichend genutzt. Dabei würde allein eine Planungsoptimierung maßgeblich zur Verringerung von Überproduktion beitragen.

Vollständiges GHG-Monitoring durch Integration von CO2-Management-Software

Um ein vollständiges GHG-Monitoring durchführen zu können, empfiehlt sich meist eine Kombination aus Business Software und einem CO2-Management-Tool wie das von ENIT, da die im Mittelstand verbreiteten ERP-Systeme nur sehr selten eine vollintegrierte Lösung anbieten. Zwar bieten ERP- und MES-Systeme eine hohe Informationsverfügbarkeit zur Erfassung der für das GHG-Protokoll nötigen Informationen, jedoch empfiehlt es sich, die betriebswirtschaftliche Software um eine plattformunabhängige Best-of-Breed-Lösung zu erweitern. Dadurch sind Unternehmen schnell in der Lage, Emissionen effizient zu bilanzieren und effektiv zu senken.

Fazit

Unternehmen sollten ihre operativen Maßnahmen zur CO2-Reduktion durch Business-Lösungen unterstützen, da Geschäftsprozesse in der heutigen Zeit stark mit anderen Business-Anwendungen interagieren. Eine Erweiterung bestehender Funktionalitäten und eine Steigerung der Informationsverfügbarkeit ist deshalb überaus ratsam. Nur so können die Potenziale von ERP-Lösungen und zusätzlichen Technologien für die CO2-Bilanzierung vollumfänglich ausgeschöpft werden.

Abbildung 2: Exemplarische Maßnahmen zur Steigerung der Informationsverfügbarkeit in Geschäftsanwendungen

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