Wie die AI konkret die Industrie verändern wird

Beitrag von Dietmar Müller

Chefredakteur Beyond Buzzwords

03. Februar 2025

Wie die AI konkret die Industrie verändern wird

In welchen Branchen ist die Artificial Intelligence mittlerweile angekommen, wo finden sich echte Beispiele für den produktiven Einsatz? Oracle-Manager Jürgen Hindler plaudert aus dem mittelständischen Nähkästchen.

Alles redet über und mit der Artificial Intelligence (AI), welche konkreten Anwendungsfälle dafür aber heute bereits im ERP-Umfeld zur Verfügung stehen - und auch funktionieren! -, das ist noch weitgehend unklar. Jürgen Hindler, Senior Manager Sales Development & Strategy – Supply Chain Management bei Oracle, zeigt anhand verschiedener Beispiele aus dem deutschen Mittelstand auf, was wirklich schon machbar ist.

Der Maschinenbau benötigt einen Rettungsanker

Insbesondere der Maschinenbau benötige die AI dringend, Hindler sieht den Industriezweig nämlich nach wie vor mit der Digitalisierung hadern. Viel zu viele Prozesse würden auch im Jahr 2025 immer noch auf und mit Papier verwaltet, hinzu kommen seiner Beobachtung nach  isolierte Systeme mit vielen wichtigen Daten, die in Silos gefangen sind. Die AI könne hier die entscheidende Brücke schlagen, indem sie Prozesse automatisiere, Entwicklungszeiten verkürze und die Produktqualität steigere. „Durch Simulationen und datenbasierte Modelle werden Abläufe effizienter gestaltet und präzisere Ergebnisse generiert, die echte Wettbewerbsvorteile sichern“, so Hindler.

Als konkretes Beispiel führt der Experte Bosch an, das in einem Service-Center mit über 200.000 Kundenanfragen dank AI-basierter Systeme „blitzschnelle Antworten und Lösungen für hochkomplexe Probleme“ liefern könne. Die Qualität der Interaktion zwischen Kunden und dem Unternehmen werde dadurch deutlich gesteigert.

Energiesektor muss schneller werden

Ähnliches gelte für den Energiesektor, auch hier sei eine tiefgreifende Transformation erforderlich. „Regulatorische Unsicherheiten, schwankende Versorgungssicherheit und der immense Druck zur Dekarbonisierung verlangen nach innovativen Lösungsansätzen“, berichtet Hindler. Genau hier setze die AI an und ermögliche eine präzisere Steuerung von Energieflüssen als bislang möglich. Sie beschleunige zudem den Ausbau erneuerbarer Energien und optimiert bestehende Netze mit einer Effizienz, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen sei.

Ausgerechnet das Bauwesen belege aktuell die transformative Kraft der AI: In China würden Autobahnen mittlerweile vollautomatisch erstellt – ein spektakuläres Leuchtturmprojekt habe gerade unter Einsatz eines autonomen Systems in Kombination mit AI 160 km Fahrbahn verlegt: „Die Entwicklung belegt überzeugend, dass AI-Technologien in kleinen wie in groß angelegten Infrastrukturprojekten zum Einsatz kommen können.“

Cloud und AI gehen Hand in Hand 

Übergeordnet und unabhängig vom spezifischen Industriezweig habe sich die Cloud als Erfolgsfaktor für die AI erwiesen. Sie schafft ja erst die technologische Infrastruktur zur Speicherung und Verarbeitung gigantischer Datenmengen und bildet so die Grundlage für Echtzeitanwendungen. Ohne die Cloud bleibe ein AI-Projekt oft Stückwerk. Hindler belegt seine Aussage anhand eines Praxisbeispiels: Western Digital nutze AI, um Ankunftszeiten von Lieferungen mit präziser Genauigkeit vorherzusagen. „Die Echtzeitdaten ermöglichen es, Folgeprozesse wie Ressourcenplanung und Transportmanagement deutlich effizienter zu gestalten. Solche Anwendungen verdeutlichen plastisch, wie die Verbindung von Cloud und AI die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen nachhaltig steigern kann“, so der Lieferketten-Experte.

Ein weiteres produktives Beispiel für den kombinierten Einsatz von Cloud und AI findet Hindler in der Automobilindustrie. Diese sieht er im technologischen Umbruch, neue Geschäftsmodelle seien dringend angeraten. Ein mögliches Zukunftsszenario besteht für ich darin, dass die Kunden künftig digital durch den gesamten Fertigungsprozess ihres Fahrzeugs geführt würden – von der ersten Bestellung bis zur sogenannten „Hochzeit“ von Chassis und Antrieb in der Montage. Entscheidend für diese Vision sei wie allerorten eine robuste Datenbasis in der Cloud, die einen nahtlosen Informationsaustausch zwischen Systemen ermögliche und Daten in Echtzeit bereitstelle.

AI wird unverzichtbarer Teil der Unternehmensstrategie 

Die Chemieindustrie sieht Hindler vor komplexen Herausforderungen stehen, als da wären hohe Energiekosten, strenge Umweltauflagen und ein enormer globaler Innovationsdruck. Hier entfalte die AI ihr volles Potenzial, insbesondere in Form der Predictive Maintenance. „Mittels AI lassen sich potenzielle Maschinenprobleme frühzeitig erkennen, ungeplante Stillstände verhindern und Reparaturen präzise planen. Ein Paradebeispiel ist das Unternehmen Noble Plastics: Durch AI-gestützte Analysen der Abnutzungsdaten von Werkzeugen liefert das System präzise Warnhinweise zur optimalen Wartung. So werden fehlerhafte Produkte vermieden und gleichzeitig Kosten durch intelligentere Planung gesenkt.“

Abschließend prognostiziert der erfahrene ERP-Entwickler, dass die eigentliche Revolution in Sachen AI erst noch bevorsteht. Die Automobilbranche experimentiere bereits mit entsprechend gesteuerten Konstruktionsprozessen für neue Hybridantriebe. In der Chemiebranche würden wie gerade ausgeführt intelligente Systeme verwendet, um anspruchsvolle Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Der Maschinenbau setze AI ein, um komplexe globale Lieferketten zu navigieren.

„Im Jahr 2025 wird die AI nicht mehr nur eine Option unter vielen sein“, so Hindlers Fazit. „Sie entwickelt sich vielmehr zum zentralen Bestandteil jeder Unternehmensstrategie, die auf langfristigen Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet ist. Wer jetzt nicht in AI-Technologien und die notwendige Cloud-Infrastruktur investiert, riskiert, abgehängt zu werden.“ Seine unmissverständliche Botschaft lautet: Die AI-Revolution ist nicht aufzuhalten.“

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